Spielen, bis der Chefarzt kommt
27.11.2024
Wenn Dr. Jesco Jores sagt: „Macht’s gut, ich habe ein Spiel“, nicken zu Hause alle verständnisvoll – oder gehen einfach gleich mit. Allerdings nicht aufs Spielfeld, sondern auf die Tribüne der MBS-Arena: Dort hält sich der Chefarzt der Chirurgie aus der Klinik Hennigsdorf nämlich bereit, falls ein Spieler medizinische Unterstützung braucht. Jores ist nicht nur an den Oberhavel Kliniken, sondern auch als Mannschaftsarzt des Oranienburger Handball Clubs (OHC) ein gefragter Experte. Gemeinsam mit seinem Kollegen Tom Hedrich, Leitender Oberarzt der Chirurgie und versierter Handchirurg, versorgt er seit knapp zwei Jahren kleinere und größere Verletzungen vor allem der ersten Männer beim Drittligisten. Aber auch Herren anderer Mannschaften, Spielerinnen und Jugendliche holen sich bei Bedarf bei den beiden Spezialisten medizinischen Rat ab.
Flankiert von der vierjährigen Tochter – „ein riesiger Handballfan“ – und der Frau ist Jores im Wechsel mit Hedrich (und dessen Familie) zur Stelle, wenn sich bei Heimspielen oder im Training ein Spieler verletzt. Handball sei eine der härtesten Sportarten überhaupt, sagt Jores. Das hohe Tempo, das Gewirr aus Händen und Beinen, der kompromisslose Kampf um den schnellen Abschluss – da seien Prellungen, Verstauchungen, Fingerfrakturen, Knochenbrüche, Verletzungen der Sprung- oder Kniegelenke keine Seltenheit. Aber auch Überlastungsschäden aus dem intensiven Training, etwa an Schultern und Hüftgelenk, oder auch Gehirnerschütterungen kämen vor.
Kleinere Probleme behandelt die Physiotherapeutin des Vereins am Spielfeldrand, aber bei größeren Beschwerden gehen die beiden Ärzte oft auf Nummer sicher. „Dann lassen wir den Spieler direkt ins Krankenhaus kommen und sehen nach“, erzählt Jores. Zuweilen müsse operiert werden. Gibt es schlimme Gesichtsverletzungen, Platzwunden an Lippen oder Augen, ziehen die Team-Mediziner die HNO-Kollegen in der Klinik Hennigsdorf hinzu – kurze Wege im Haus machen’s möglich.
Je nach Schwere kann eine Verletzung schon mal ein bitteres Karriere-Intermezzo einleiten: „Müssen wir nach einem Bänderriss zum Beispiel eine Bandplastik vornehmen, also das Band komplett rekonstruieren, dann kann es schon mal sein, dass der Spieler für drei Monate aus dem Verkehr gezogen bleibt“, schildert der Chirurg die Ausmaße.
Von Anfang an gehörten die Oranienburger Mediziner nicht nur auf dem Papier zum Männer-Team. Stolz lächeln beide vom offiziellen Mannschaftsfoto mit den „Jungs“. Überhaupt: Im Kreis der Vereinskollegen wird sich geduzt, da gibt es keinen Chef- oder Leitenden Oberarzt mehr. Der eine oder andere rufe dann auch schon mal nach dem „Doc“, erzählt Jores und lacht.
Nicht nur von Berufs wegen liegt dem Chefarzt das Wohlergehen der OHC-Männer am Herzen. Ihn verbindet der Einsatz auch mit seiner Erinnerung an die eigene aktive Zeit: „Ich habe viele Jahre lang für die TSG Liebenwalde Bälle geworfen – Abiturmeisterschaften für die F. F. Runge.“ Kollege Tom Hedrich ist ebenfalls Fan. Einer der Gründe könnte nicht einleuchtender sein: Seine Tochter spielt im Verein, na klar: Handball.
Stets bereit am Spielfeldrand: Dr. Jesco Jores versorgt einen verletzten Spieler. Foto: privat