Nachrichtendetails

Der Alltag an den Oberhavel Kliniken fordert von Ärzten, Pflegern, Therapeuten, Patienten und Angehörigen immer wieder schwierige Entscheidungen. Schließlich spielt so vieles in die Lösungsfindung hinein: Medizinische und rechtliche Fragen, moralische Werte, Menschenbilder und religiöse Vorstellungen müssen bedacht und gegeneinander abgewogen werden. In Konfliktsituationen bietet nun ein Klinisches  Ethikkomitee seine Analyse und Moderation an; im Juli findet die konstituierende Sitzung in der Klinik Hennigsdorf statt.

„Das Gremium hat eine beratende Funktion“, stellt Dipl.-Med. Sybille Glöckl heraus. Sie ist Chefärztin der Abteilung Anästhesiologie und Intensivmedizin an der Klinik Gransee, regelmäßig mit schwierigen Fragen in der Grauzone zwischen Leben und Tod konfrontiert und Kandidatin für den Vorsitz des Ethikkomitees. „Die Mitglieder beraten sich und formulieren eine Empfehlung – die Umsetzung und Verantwortung freilich bleibt beim behandelnden Team.“ Sybille Glöckl absolvierte den Masterstudiengang „Ethik in der Medizin“. Die gewonnenen Erkenntnisse trug sie in eine größere Runde – die Idee eines Klinischen Ethikkomitees war geboren.
 
„Natürlich gab es bisher auch Fallbesprechungen in gemischten Teams aus Ärzten, Pflegern, Therapeuten mit dem Patienten und seinen Angehörigen“, sagt Dr. med. Irina Dirzus, die dem Komitee angehören wird und als leitende Oberärztin in der Abteilung Geriatrie arbeitet. Zum Beispiel zur Klärung der Frage, ob einer sehr alten Patientin noch eine Magensonde zur künstlichen Ernährung gelegt werden solle oder nicht. Gemeinsam mit den Familien sei immer ein guter Weg gefunden worden. „Aber mit dem Komitee stellen wir diese Beratung nun auf eine breite interdisziplinäre Basis; möglichst alle an der Behandlung beteiligten Berufsgruppen der Kliniken sollen beteiligt werden.“

Über das neue Angebot werden Mitarbeiter, Patienten und Angehörige hausintern via Flyer und Plakate informiert. Jeder könne sich an das Komitee wenden, sagt Sybille Glöckl. „Nicht nur unsere Beschäftigten, sondern auch Patienten selbst und ihre Angehörigen, die das Gefühl haben, es besteht Uneinigkeit über die derzeitige oder weitere Behandlung.“ 

Immer mehr Behandlungsbedürftige kämen mit einer Patientenverfügung oder einer Vorsorgevollmacht in die Klinik; dennoch ließen manche allzu vagen Formulierungen Fragen zu ganz konkreten Maßnahmen offen. Da brauche es eine gute Abwägung aller Faktoren, um dem Willen des Patienten bestmöglich zu entsprechen, so die Anästhesistin. 

Wer das Komitee etwa per Formular auf dem Flyer um Beistand gebeten hat, erhält zeitnah eine Antwort. „Das Komitee kann sich auch kurzfristig versammeln und einen Fall beraten“, sagt Sybille Glöckl. Häufig geht es um schwierige ethische Fragen am Ende des Lebens  – da sei eine schnelle Empfehlung erforderlich.